„Kannst du dich noch an den Besuch vom Nikolo und vom Krampus erinnern?“

 
 

„Na ja, den Nikolo und den Krampus haben wir „genossen“ bzw. gefürchtet. Ich erinnere mich da an einen Halterbuben, der hat immer ganz großspurig erklärt: „Vor dem Nikolaus und dem Krampus fürcht ich mich nicht!“ Aber als  es dann so weit war und die beiden erschienen, war er der erste unter dem Tisch.
Ich weiß auch noch, dass zwei ältere Nachbarn verkleideten zu uns kamen. Da erhielten wir Nüsse, aber getan haben sie uns nichts. Als dann allerdings später junge Burschen als Krampusse unterwegs waren, da wichen wir ihnen schon aus, damit wir nicht die Rute zu spüren bekamen.“

„Unsere Tante erhielt  einmal für uns Kinder Orangen, die sie uns dann gab. Der Papa erklärte noch, dass Orangen etwas ganz Gutes sind und schälte  sie auch noch ab für uns. Wir kosteten  voller Freude, aber die Orangen waren so sauer, dass wir sie nicht aufaßen. Und das wars dann mit den Orangen!

„Ich habe als kleines Kind den Nikolaus und den Krampus am Beginn der 50er-Jahre im Markt erlebt. Da ging es natürlich ziemlich laut zu, da ja doch mehrere Gruppen zugleich mit vier bis fünf  Krampussen unterwegs waren. Manchmal begleiteten sie den Nikolaus, waren aber durchaus auch ohne ihn auf der Straße. Wir kleinen Kinder trauten uns nicht aus dem Haus, da wir schon Tage vorher immer von den Eltern hörten: „Na wartet nur, wenn der Krampus kommt, der wird euch ordentlich „pracken“ (schlagen), weil ihr immer so schlimm ward.“
Da gab es natürlich auch  Burschen, die mit Eisenketten in der Nähe der Wohnung rasselten  und wir zitterten  in der Wohnung drinnen!
Ich habe es erlebt, dass wirklich ein paar Krampusse als Begleiter mit dem Nikolaus hereingekommen sind. Die wirbelten ordentlich und schlugen mit den Ruten, die aus frischen Zweigen bestanden, kräftig auf den Holzfußboden. Ich verschwand auf der Stelle in eine Ecke des Raumes und hoffte, „unsichtbar“ zu sein. Half aber nichts! Die Krampusse zerrten mich hervor und platzierten mich mitten im Raum. Das Schlagen auf den Boden  erzeugte einen fürchterlichen Radau, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie mich mit ihren Ruten wirklich geschlagen hätten. Der Nikolaus ließ sie einige Zeit gewähren, dann wies er sie an aufzuhören und still zu sein.
Sie zogen sich jetzt  in den Hintergrund zurück und der Nikolaus holte sein dickes Buch hervor und las mir mein „Sündenregister“ vor. Er erwähnte vieles, was ich so im Laufe des Jahres angestellt hatte. Ich nehme an, dass er vorher von den Eltern einen Zettel mit meinen „Untaten“ erhalten hatte. Als er damit fertig war, musste  ich das Vaterunser beten. Das stotterte ich  in meiner  Angst teilweise fehlerhaft hervor. Am Ende erfolgte dann die Belehrung, dass ich  diese bösen Dinge  in Zukunft unterlassen und viel braver sein sollte. Und nun griff er in seinen großen Sack und holte ein Sackerl  hervor, in dem sich Äpfel, einige Nüsse und eine kleine Tafel Schokolade befanden. Ich  hatte  mit meinem Geschenk natürlich eine Riesenfreude! Dann zog  er mit seiner Krampustruppe weiter. Es konnte aber auch passieren, dass ein Krampus umdrehte und mit der Rute noch ein paarmal kräftig auf den Boden schlug. Und ich  plärrte schon  wieder heftig los!!!

Als wir dann bereits Hauptschüler waren, schauten wir uns das wilde Treiben auf der Straße an, aber das konnte manchmal richtig ungut werden. Manche Gruppen bestanden aus bis zu zehn Krampussen, die keinesfalls zimperlich waren und wo es auch zu Raufereien zwischen den Gruppen kam. Ich konnte einmal sogar beobachten, dass sich mitten unter den Burschen auch ein Mädchen befand – ob freiwillig oder gezwungen war allerdings nicht feststellbar.

Ein einziges Mal sah  ich sogar, dass ein kleines Kind in der Butte drinnen war! Das dürften sie aber mit dessen Eltern vorher abgesprochen haben, da das Kind keinen besonders verängstigten Eindruck machte.

Jahre später pflegten wir dann Krampuskarten an bekannte Mädchen zu schicken, auf denen wir ihnen einiges  androhten oder sie beschuldigten, allerhand böse Dinge getan zu haben. Dieser Brauch ist aber seit vielen Jahren wieder verschwunden.“